Inkontinenzformen | Über Inkontinenz

Welche Formen der Inkontinenz gibt es und welche habe ich?

Die Formen der Harninkontinenz sind so unterschiedlich wie ihre Ursachen. Finden Sie heraus, welche Form bei Ihnen womöglich vorliegt.

Mutter und Tochter sitzen auf dem Sofa und unterhalten sich über die verschiedenen Formen von Inkontinenz

Mutter und Tochter sitzen auf dem Sofa und unterhalten sich über die verschiedenen Formen von Inkontinenz (Bildquelle: PAUL HARTMANN)

Die Symptome geben einen Hinweis auf die Art der Inkontinenz

Blasenschwäche ist ein häufiges Problem, das Menschen jeden Alters treffen kann – egal ob Frau oder Mann. Die Ursachen einer „schwachen Blase“ sind dabei meist sehr verschieden und reichen von Störungen der Muskulatur über Probleme bei der Reizweiterleitung über die Nervenbahnenbis hin zu geschlechtsspezifischen Veränderungen. Und so unterschiedlich wie ihre Ursachen, sind auch die Formen der Inkontinenz.

Wir stellen Ihnen im Folgenden einige weit verbreitete Inkontinenzarten vor und helfen Ihnen dabei, anhand der Symptome die Form zu finden, die womöglich bei Ihnen oder der Person, um die Sie sich kümmern, vorliegt. Zur genaueren Abklärung bitten wir Sie allerdings, Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin aufzusuchen.

Urinverlust bei körperlicher Belastung wie Niesen oder Springen: Belastungs-/Stressinkontinenz

Wenn Husten, Niesen, Lachen oder auch Springen und andere Bewegungen – körperliche Belastungen also – zu einem unfreiwilligen Urinverlust führen, sind meist die Beckenbodenmuskulatur und das Schließmuskelsystem geschwächt. Sie können als Folge den Harnröhrenausgang nicht mehr zuverlässig verschließen. Die erhöhte Belastung (daher auch der Name) führt zu einem Druckanstieg im kleinen Becken und so auch zum Druckanstieg in der Blase. Dieser erhöhte Druck überwindet dann das geschwächte Schließmuskelsystem: Harn geht unkontrolliert ab.

Je nach Schweregrad kommt es zu Urinverlust:

Grad 1: beim Husten, Niesen, Heben oder Tragen von Gegenständen (starke Drucksteigerung im Bauchraum)
Grad 2: beim Gehen und Laufen oder Aufstehen und Hinsetzen (mäßige Drucksteigerung im Bauchraum)
Grad 3: sogar im Liegen (sehr schwache Drucksteigerung im Bauchraum)1

Häufig ist die Ursache eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur, wie sie bei einer vaginalen Geburt, durch Operationen und/oder degenerative Prozesse wie z. B. Hormonmangel in der Menopause (Wechseljahre) oder allgemeinen Muskelschwund im Alter entstehen kann. Des Weiteren sind Lageveränderungen von Harnröhre und Harnblase durch eine Gebärmuttersenkung nicht selten mit Inkontinenz verbunden.

Diese Ursachen erklären, warum deutlich mehr Frauen als Männer von einer Belastungsinkontinenz betroffen sind. Bei Männern tritt sie wenn dann meist nach einer Prostata-Operation auf, in der Teile des Schließmuskels verletzt worden sind.1

Hier erfahren Sie mehr über eine Stress- bzw. Belastungsinkontinenz als typisches Frauenleiden.

Phasen von starkem Harndrang – sogar mehrmals pro Stunde: Dranginkontinenz

Typisch für eine Dranginkontinenz (auch Urge-Inkontinenz genannt) ist ein starker, nur schwer unterdrückbarer Harndrang. Er tritt plötzlich auf und geht mit unfreiwilligem Urinverlust einher, wenn man nicht sofort eine Toilette erreicht. Der Grund dafür ist die Blasenmuskulatur, in der Fachsprache auch als Detrusor bezeichnet. Sie ist dafür zuständig, den Harn aus der Blase zu treiben. Bei einer Dranginkontinenz reagiert sie überempfindlich und zieht sich unwillkürlich zusammen. So wird, selbst bei geringem Füllstand, Harndrang ausgelöst.2 Die Ursachen für einen derart überaktiven Detrusor können unter anderem folgende Krankheiten sein: Blasenentzündung, Prostatavergrößerung, Schlaganfall oder Multiple Sklerose beispielsweise.

In diesem Artikel finden Sie mehr Informationen zu den Ursachen von Inkontinenz.

Bei einer weiteren Form der Dranginkontinenz entsteht der Harndrang nicht durch einen überaktiven Detrusor, sondern durch krankheitsbedingte Reizungen der Blasenschleimhaut, z. B. durch Blasensteine oder Blasentumore.3 In leichteren Fällen bestehen anfangs nur die Symptome einer „Reizblase” mit dem lästigen Zwang zum häufigen Wasserlassen. Der Urin kann jedoch noch gehalten werden. Bei stärkerer Ausbildung der Beschwerden ist der Harndrang nicht mehr beherrschbar. Die Blase entleert sich immer häufiger teilweise oder komplett.

Tröpfelnder Harnverlust: Überlaufinkontinenz (Inkontinenz bei chronischer Harnretention)

Wer an Überlaufinkontinenz leidet, verspürt einen normalen Harndrang, kann aber auf der Toilette die Blase nicht vollständig entleeren.4 Diese sogenannte Restharnbildung tritt mit und ohne freiwilligen Urinverlust auf. Sie ist in den meisten Fällen auf eine Einengung der Harnröhre zurückzuführen, aber auch eine Unterfunktion des Blasenmuskels kann vorliegen.

 

Einengung der Harnröhre

Weil die Harnröhre teilweise blockiert ist, staut sich der Urin in der Blase und überdehnt dabei allmählich die Blasenwandmuskulatur. Durch die zurückgehaltene Urinmenge baut sich in der Blase gleichzeitig ein hoher Druck auf, der dann schließlich die Harnröhrenenge überwindet, sodass Urin womöglich ständig in Tropfen abgeht.5

 

Unterfunktion den Blasenmuskels

Neben der Einengung der Harnröhre, kann auch eine Unterfunktion des Blasenmuskels eine Überlaufinkontinenz zur Folge haben. In diesem Fall ist der Blasenmuskel so stark geschwächt, dass er sich beim Wasserlassen nicht mehr stark genug zusammenziehen kann. Dadurch bleibt Urin in der Blase zurück. Das kann dazu führen, dass die Blase durch den Urin überdehnt wird und gelegentlich oder ständig tröpfchenweise Urin abgeht. Diese Unterfunktion kann beispielsweise durch Medikamente entstehen, aber auch durch Stoffwechselstörungen oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems.4

Da eine altersbedingt vergrößerte Prostata, die zur Einengung der Harnröhre führt, zumeist die Ursache einer Überlaufinkontinenz ist, sind Männer höheren Alters davon häufiger betroffen als Frauen. Die chronische Form tritt bei Männern und Frauen auf.

Hier erfahren Sie mehr über Überlaufinkontinenz bei Männern.

Starker Harndrang mit unfreiwilligem Urinabgang: Mischinkontinenz

p>Man spricht von Mischinkontinenz, wenn sich nicht nur eine Ursache für die Inkontinenz ausmachen lässt. So kann ein unfreiwilliger Urinverlust z. B. sowohl im Zusammenhang mit Harndrang als auch mit körperlicher Belastung stehen. Damit handelt es sich bei der Mischinkontinenz also um eine Kombination aus Drang- und Belastungsinkontinenz.6 Gerade im Alter finden sich oft mehrere Ursachen gleichzeitig, die nicht immer einfach zu diagnostizieren sind. Die Gründe dafür reichen z. B. von einem altersbedingt reduzierten Fassungsvermögen der Blase bis hin zu geschlechtsspezifischen Veränderungen.

Grundsätzlich kommen bei jüngeren Menschen zwar die gleichen Ursachen für eine Harninkontinenz in Frage wie bei älteren, allerdings ist das Risiko, eine Mischform zu entwickeln, im Alter deutlich höher. Männer sind davon ebenso betroffen wie Frauen.

Urin geht nicht über die Harnröhre ab: Extraurethrale Harninkontinenz

Die extraurethrale Inkontinenz bezeichnet den ständigen Urinverlust über andere Kanäle als die Harnröhre (z. B. Scheide, Anus oder Haut). Bei dieser seltenen Form der Inkontinenz funktionieren Blase und Schließmuskel gewöhnlich ganz normal.

Häufig ist eine organische Fehlbildung in Form eines Fistelgangs der unteren Harnleiter die Ursache. Der Harn durchläuft dann fälschlicherweise diese Fistel. Typisch ist hier beispielsweise eine Harnblasen-Scheiden-Fistel7: Sie verbindet die Harnwege mit den Geschlechtsorganen. Das erklärt auch, warum diese Inkontinenzform vorwiegend bei Frauen auftritt. Betroffenen kann durch einen chirurgischen Eingriff geholfen werden.

Die Darmentleerung ist nicht bewusst steuerbar: Stuhlinkontinenz

Bei Stuhlinkontinenz gehen flüssiger oder fester Stuhl unkontrolliert ab. Wer davon betroffen ist, kann oft nicht einmal zwischen Stuhl oder Darmgasen unterscheiden.


Wie bei der Harninkontinenz, sind auch bei der Stuhlinkontinenz verschiedeneUrsachen möglich: Muskuläre Störungen wie z. B. eine Schädigung des Schließmuskels, neurologische Erkrankungen wie Alzheimer und Multiple Sklerose, aber auch Hämorrhoiden oder eine Darmoperation können Auslöser sein.



Man unterscheidet drei Schweregrade8:

Grad 1: Gelegentliche und leichte Wäsche-Verschmutzung, unwillkürliches Entweichen von Gasen

Grad 2: Häufigere und mittelschwere Wäsche-Verschmutzung, unwillkürliches Entweichen von Gasen, Verlust von flüssigem Stuhl

Grad 3: Vollständiger Verlust der Darmkontrolle, unwillkürliches Entweichen von Gasen und Stuhl

Nach Schwangerschaften und vaginalen Geburten sind Frauen (durch den stark geschwächten Beckenboden oder einen Dammriss) neben einer Belastungsinkontinenz in Einzelfällen auch von einer späteren Stuhlinkontinenz betroffen. Das ist auch der Grund dafür, dass Frauen häufiger darunter leiden als Männer.9

Bei Stuhlinkontinenz empfehlen wir unsere speziell entwickelte Vorlage MoliCare® Premium Form STOOL. Die großen Auslaufschutztaschen und die breite Rückseite des Produkts sorgen für eine sichere Aufnahme von Stuhl.

Reflexartige unangekündigte Entleerung der Blase: Reflexinkontinenz

p>Reflexinkontinenz bedeutet, dass sich die Blasenmuskulaturplötzlich ungehemmt zusammenzieht und dadurch Harn unkontrolliert abgeht. Man unterscheidet zwischen spinaler (z. B. durch Rückenmarksverletzungen) und supraspinaler Reflexinkontinenz (z. B. durch Schlaganfall, Demenz oder Parkinson).10

Eine Ursache für Reflexinkontinenz kann eine Querschnittslähmung sein: Sie stört die Übertragung der Nervenimpulse aus dem Gehirn oder dem Rückenmark in die Muskulatur der Harnblase.

Überfallartiger Harndrang ohne organische Ursache: Reizblase

Unter einer Reizblase versteht man eine überaktive Blase. Sie kann z. B. besonders empfindlich sein oder die Blasenmuskulatur zieht sich plötzlich krampfartig zusammen. Der Harndrang ist dabei so stark, dass ein unkontrollierter Urinabgang die Folge sein kann. Aber im Unterschied zur Dranginkontinenz kommt es nicht unbedingt zum Urinverlust und es gibt keine körperlichen Ursachen dafür.11

Von einer Reizblase sind vorwiegend Frauen betroffen, weshalb man vermutet, dass hormonelle Veränderungen eine Rolle spielen könnten.


Harnverlust ohne erkennbare Ursache: Unkategorisierbare Inkontinenz

Auch bei einer unkategorisierbaren Inkontinenz kommt es zu unkontrolliertem Urinverlust. Sie kann aber nicht auf eine bestimmte Ursache oder Krankheit zurückgeführt werden.

Zeigen Sie Symptome einer Inkontinenz, sollten Sie unbedingt einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.


Es gibt Lösungen und Therapien

Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht alleine sind mit Ihrem Problem. Überwinden Sie Ihr Schamgefühl und brechen Sie das Schweigen. Wenn Sie Ihre belastende Situation und das Thema Inkontinenz mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin besprechen, kann eine individuelle Lösung gefunden werden: Eine Lösung, die mehr Freiheit, mehr Aktivität und mehr Selbstbestimmtheit für Sie bedeutet.


Viele Inkontinenzformen sind zudem gut therapierbar. Immerhin 80 bis 90 % der von Inkontinenz Betroffenen geht es nach einer Therapie deutlich besser.12 Informieren Sie sich hier über mögliche Behandlungsformen.


Dazu zählen unter anderem:

  • Gezieltes Blasen- und Beckenbodentraining kann die Symptome einer Harninkontinenz lindern. Lesen Sie hier mehr darüber.

  • Auch Medikamente oder operative Methoden kommen für verschiedene Arten und Schweregrade der Inkontinenz in Frage. Hier mehr über die Behandlung von Inkontinenz mit Medikamenten erfahren.

  • Je nach Ausprägung der Inkontinenz und je nach der Art Ihres persönlichen Bedarfs gibt es ganz unterschiedliche Inkontinenzhilfsmittel – ob auf Rezept mit Kostenübernahme durch Ihre Kasse z.B. in der Apotheke oder durch eine Bestellung im Online-Shop und privat bezahlt. Lesen Sie hier mehr über die Beschaffung von Inkontinenzhilfsmitteln.

Grundsätzlich gilt: Inkontinenzartikel und Inkontinenzhilfen bieten Ihnen die Möglichkeit, ein Stück Lebensfreude zurückzugewinnen!

 

Quellen:

1https://www.dr-gumpert.de/html/belastungsinkontinenz.html#c171778

2https://www.dr-gumpert.de/html/harninkontinenz.html#c135423

3https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-352010/gute-beratung-schenkt-lebensqualitaet/

4https://www.harninkontinenz-info.de/formen-der-harninkontinenz/ueberlaufinkontinenz/

5https://www.medi-center.de/inkontinenz/was-ist-das/harninkontinenz/ueberlaufinkontinenz/

6https://www.medi-center.de/inkontinenz/was-ist-das/harninkontinenz/mischinkontinenz/

7https://www.urologielehrbuch.de/vesikovaginale_fistel.html

8https://www.pflege.de/krankheiten/inkontinenz/stuhlinkontinenz/

9https://www.aerzteblatt.de/archiv/30024/Anale-Inkontinenz-nach-vaginaler-Geburt-Ein-Argument-fuer-den-Kaiserschnitt-auf-Wunsch

10https://www.pflege.de/krankheiten/inkontinenz/harninkontinenz/

11https://www.special-harninkontinenz.de/formen/dranginkontinenz-id63325.html

12https://www.hartmann.info/de-de/wissen-und-news/f/0/europaeische-inkontinenz-studie